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Windiges Santa Marta und die Sierra Nevada Kolumbiens

  • Autorenbild: Nina
    Nina
  • 3. Feb. 2024
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 29. Apr. 2024

Januar 2024

Santa Marta in Kolumbien ist unser erstes Ziel nach St. Lucia. Unsere Erwartungen für die Überfahrt sind vorab zwiespältig. Zum Einen freuen wir uns auf Vorwindsegeln in Passatwinden, was wir bisher noch nicht wirklich über eine längere Strecke erfahren durften. Unsere Atlantiküberquerung vor einem Jahr war ja eher von untypischen Winden von West und Nord und eben auch keinem Wind geprägt. Zum Anderen wissen wir, dass wir starke Winde erwarten würden, vor allem um das sogenannte ‚Kap Horn der Karibik‘, dem Punta Gallinas, herum.


Der Start mit insgesamt 25 WorldARC-Booten in der Bucht von Rodney Bay ist mittags am 13. Januar 2024. Wunderbares Wetter und Ostwind mit fünf Beaufort lassen uns zuerst der Küste entlang südwärts bis Castries segeln und dann nach Westen abdrehen, Kurs Kolumbien.



Die erste Nacht fühlen wir uns wie in einer Waschmaschine. Mehrere grosse Wellen knallen gegen den Rumpf und bringen uns ins Wanken. Der Wind ist nicht sehr konstant mit Böen bis 24 Knoten, aber SERENDIPITY IV fliegt regelrecht dem Ziel entgegen. Die Geschwindigkeitsanzeige zeigt mehrere Male über zehn Knoten Geschwindigkeit über Grund an, wenn wir die grossen Wellen heruntersurfen. Wir können uns nicht daran erinnern, wann und ob wir diese Geschwindigkeit je schon gesehen haben.


Der Himmel ist klar und die Sterne funkeln zu Tausenden mit der Biofloreszenz in unserer Bugwelle um die Wette. Um uns herum können wir teilweise bis zu sechs Positionslichter unserer Flotte sehen, was uns ein schönes Gefühl gibt, nicht alleine zu sein.


Je näher wir während der nächsten Tage und Nächte Santa Marta näher kommen, nimmt der Wind bis zu sieben Beaufort zu. Wir gewöhnen uns aber an die Bewegungen von SERENDIPITY IV und fühlen uns sicher, wie wir durch und über die Wellen reiten.



Die letzten paar Meilen bringen uns jedoch an unsere Grenzen. Kurz vor der Isla de la Aguja nimmt der Wind so ab, dass wir das Grosssegel ins zweite Reff ausreffen. Es ist bereits nach Mitternacht und wir wollen endlich ankommen. Aber dann, plötzlich, wie aus dem Nichts springt unsere Windanzeige von 15 Knoten auf über 25 und erfasst uns mit einer Böe über 35 Knoten. Die Wellen steigen in unser Cockpit ein und durchnässen uns bis auf die Haut. Der Wind pendelt sich um etwa 35 Knoten ein, aber Böen erfassen uns von Backboard mit bis zu 50 Knoten. Wir können es gar nicht glauben, wie ruhig und ‚entspannt’ 35 Knoten Halbwind sein können, wenn eine Böe von über 45 Knoten nachlässt. Michael steuert uns gekonnt und heldenhaft die letzten 45 Minuten, die uns wie eine Ewigkeit vorkommen, durch diesen Starkwind und Böen. Die Ziellinie dieses ersten Schlags der Rally liegt zwischen dem Festland und einer vorgelagerten Insel. Beide sind sehr schlecht beleuchtet und wir sind froh, dass wir in der Dunkelheit dank GPS die korrekte Durchfahrt ansteuern. Selbst im Ankerfeld vor dem Hafen ist der Wind noch etwa 30 Knoten und wir sind froh, dass unser Anker beim ersten Versuch gleich hält. Nach vierundhalb Tagen haben wir es geschafft und sind in Santa Marta angekommen. In den Hafen können wir aufgrund des starken Windes jedoch erst am folgenden Tag.



Die Stimmung in den Strassen von Santa Marta ist farben- und lebensfroh. An vielen Ecken werden traditionelle Taschen und weitere kolumbianische Handarbeiten angeboten und frische Früchte als Snack verkauft. Wir schlendern umher und erfreuen uns an den fröhlichen Menschen und der ausgelassenen Stimmung.



Eine Rundtour in und rundum Santa Marta bringt uns zum Botanischengarten Roberto Castañeda mit der Casa Principal Quinta de San Pedro Alejandrino, das Simon Bolivar gewidmet ist.



Simon Bolivar, der für Kolumbien sowie Panama, Equador und Venezuela eine wichtige Rolle in der Unabhöngigkeit der Spanier gespielt hat, wird als Nationalheld verehrt. Auch im Goldmuseum in Santa Marta werden nebst wunderbaren Kostbarkeiten der traditionellen Kulturen, auch Andenken an Bolivar ausgestellt.



Uns beeindrucken die in sich ruhenden und naturverbunden Naturvölker, die wir in der Sierra Nevada besuchen dürfen. Sie glauben, dass die Sierra Nevada das Herz der Welt ist. Dieses heilige Gebiet ist für sie der Ursprung von Weisheit und soll durch Respekt der traditionellen Prinzipien bewahrt werden. Sie hüten ihre Traditionen und leben auch heute noch danach. Wir fühlen uns geehrt, mit dem Mamo der Kogui (spiritueller Priester und Führer) in den Gärten des Stammes über ihr Leben und ihre Gewohnheiten zu sprechen. So lernen wir, dass bereits bei Geburt bestimmt wird, wer ein Mamo wird. Er bleibt bis zu seinem 12. Lebensjahr in einer dunklen Höhle, die er nicht verlassen darf. Dort wird er von älteren Mamos unterrichtet, die sich zusammen mit seiner Mutter auch um sein Wohlergehen kümmern. Erst zum Ende seiner Ausbildung wird er langsam, zuerst nur nachts bei Mondlicht, an die Aussenwelt und andere Personen gewöhnt.



Die Frauen der Kogui verbringen ihre meiste Zeit mit der Herstellung von traditionellen Taschen für den Eigengebrauch und Verkauf. Alpaka oder Schafwolle spinnen sie zuerst mit einer Spindel und verarbeiten sie direkt mit teilweise sehr intrikaten Mustern. Sie haben immer alles Material bei sich und können so jederzeit weiter arbeiten, auch während des Laufens.



In dem Kogui-Dorf in der Nähe des Rio Don Diego wohnt eine Grossfamilie, die Familie des Mamos. Es bietet aber auch Platz für Mamos der anderen vier indigenen Gemeinschaften (Wintukua, Kankuamo, Wiwa und Ette) für Rituale und Besprechungen. Auch die Kinder der Familien in den Bergen kommen hierher zur Schule, wo sie nicht nur Lesen und Schreiben lernen, sondern auch wie sie anpflanzen und sich um ihren Garten kümmern. Die Kinder haben momentan Ferien, so sehen wir leider nur die leeren Klassenzimmer und einen etwas überwucherten Garten, wo sie nach ihren Ferien erstmal kräftig Unkraut jäten müssen.



Im Garten der Kogui dürfen wir zusammen mit dem Mamo Pedro einen Baum pflanzen. Er bittet uns, dem Baum einen Namen zu geben und wir nennen ihn in Bewunderung an den Mamo ebenfalls Pedro. Dieser Besuch ist für uns eine sehr eindrückliche und bewegende Erfahrung.



Eine entspannende Art die Natur zu beobachten ist eine Flusstour. Aber nicht per Boot oder Kanu, nein, wir lassen uns auf alten Autoreifen den Fluss runter bis zur Mündung treiben. Dabei sehen und hören wir verschiedene tropische Vögel, aber auch Brüllaffen, die sich auf den weit ausladenden Zweigen der Bäume tummeln und furchterregend brüllen.



Nach einer Woche in Santa Marta geht es dann aber auch schon wieder weiter gen Westen zu den San Blas Inseln, die von den dort lebenden Kuna-Völkern Kuna Yala genannt werden.

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